Hier werden einige der für den Radverkehr in München interessante Themen herausgegriffen. Der umfassende Überblick über alle bisher zusammengetragenen Aspekte findet sich unter Alle Layer. Zu diesen gibt es einen Überblick und eine Nutzungsanleitung.

Tempo 30 – und alles wird gut?

Bildquelle: Karsten Paulick/Doris Metternich

Zu schmale Radwege werden aufgelöst und der Radverkehr im Mischverkehr zusammen mit den Autos auf der Straße geführt – das gilt als sicher, solange Tempo 30 angeordnet ist. Besondere Radverkehrsanlagen sind bei Tempo 30 nach allgemeiner Auffassung von Experten überflüssig, oft sogar gefährlich[1]. Nach der Straßenverkehrsordnung ist jegliche Radinfrastruktur in Tempo 30 Straßen ausdrücklich verboten (StVO §45 Abs. 1c).

Nun wollen wir uns die Situation in Tempo 30 Straßen[2] in München ansehen:

  • MunichWays hat alle Straßen in München nach ihrer Fahrradtauglichkeit untersucht. Die folgende Karte zeigt die von MunichWays als stressig oder sogar nicht akzeptabel qualifizierten Tempo 30 Straßen in München in Verbindung mit den Unfallstellen:
  • Aus dem Unfallatlas des Statistischen Bundesamtes wurden alle Unfälle mit Kfz- und Radbeteiligung -also Kollisionen- auf Tempo 30 Straßen in München herausgezogen. Die reichlichen Kollisionen von Kfz und Rad an Kreuzungen von Tempo 30 Straßen mit Tempo 50 (und mehr) Straßen sind entfernt – sie wären einer besonderen Untersuchung wert. Die Unfälle mit Todesfolge und Unfälle mit Schwerverletzten sind grafisch separat dargestellt.
    Im zweiten Schritt wurde ein Sechseck-Gitter mit Maschenweite 250 m über die Stadt gelegt, und die Zahl dieser Unfälle in jedem Sechseck gezählt. Dabei zählt ein Unfall mit Todesfolge 10 mal so viel, ein Unfall mit Schwerverletztem 5 mal so viel wie ein Unfall mit ’nur‘ Leichtverletztem. Die Hotspots sind herausgehoben.

Was kann man tun?

  • Die wichtigste Erkenntnis: einfach ein Tempo 30 Schild aufstellen, ist nicht ausreichend.
  • Es liegt nahe, zu enge Überholvorgänge als wichtige Ursache der Unfälle auszumachen. Der Vergleich der Unfallschwerpunkte mit den bisher erfassten Abstandsmessungen mit dem OpenBikeSensor zeigt aber hier keinen deutlichen Zusammenhang: nur beispielsweise in der in der Lindenschmittstraße zwischen Plinganserstraße und Meindlstraße und auch zwischen Implerstraße und Kidlerstraße lässt sich ein Zusammenhang zeigen.
  • Es bleibt, die Straßensituation genau anzuschauen, Beinaheunfälle zu identifizieren, und die geschehenen Unfälle im Detail zu analysieren. Eine Untersuchung der Beinaheunfälle läuft gerade im Mobilitätsreferat. Zur Priorisierung sollte die dargestellte Karte unterstützen. Mögliche Maßnahmen sind Änderungen im Straßenprofil wie Gehwegnasen oder Tempofilter. Wichtig ist es, den Fokus nicht nur auf den einzelnen Straßenabschnitt zu legen, sondern insgesamt das Quartier zu betrachten, und beispielsweise Einbahnstraßen und Superblocks einzuführen.
  • Insbesondere bei Ausweisung höherwertiger Radrouten (IR III: Hauptrouten, IR IV: Vorrangnetz) in Tempo 30 Straßen sollten vorher die bekannten Unfallschwerpunkte entschärft werden.

  1. D. Alrutz, J. Stellmacher-Hein: Sicherheit des Radverkehrs auf Erschließungsstraßen, Bericht V 37 der Bundesanstalt für Straßenwesen, 1997
  2. Die Tempo 30 Straßen wurden aus OpenStreetMap extrahiert.

Maßnahmen auf Basis des Radentscheids

Eine tabellarische Übersicht über alle vom Stadtrat verabschiedeten Maßnahmen (mit Sortiermöglichkeit) gibt es hier.

Die Darstellung aller Maßnahmen auf der Karte ist hier. Beim Linksklick auf eine Maßnahme erhält man alle Detailinformationen zu dieser Maßnahme, einschließlich der Einzelbewertungen durch den Radentscheid München.

Um die Zuordnung von Maßnahmen zu Stadtbezirken zu vereinfachen, hier die gleiche Karte, nur mit den Grenzen der Stadtbezirke überlagert:

MunichWays hat alle bestehenden Radwege in München erfasst, und in jahrelanger Arbeit nach ihrer Qualität bewertet, und Radrouten quer durch München und Umgebung erfasst. Wir kennen den Planungsstand des neuen Radnetzes, mit den Kategorien IR II (Radschnellverbindungen), IR III (Radhauptverbindungen, IR IV (Radvorrangnetz) und den restlichen Radwegen (IR V). Wir wissen, wo heute viel Radverkehr ist, und wo die Unfälle mit Radbeteiligung geschehen. Wir haben alle Schulen in München erfasst, in deren näherer Umgebung sichere Radwege notwendig sind. Durch unterschiedliche Kombination aller dieser Informationen lassen sich eine ganze Reihe von Schwachstellen der Radinfrastruktur identifizieren und damit weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Radinfrastruktur ableiten und priorisieren. Oder wir können prüfen, ob die geplanten Maßnahmen die oben identifizierten Schwachstellen der Radinfrastruktur beheben werden.

Welche Stellen im geplanten Radnetz (IR III, Hauptrouten) führen über heute nicht akzeptable oder stressige Abschnitte?

Tipp: Durch Anklicken von Oberste Ebenen vergleichen sieht man anschaulich, welche Schwachstellen durch die geplanten Maßnahmen behoben werden.

Welche Stellen im heute gültigen Radnetz (VEP-R) führen über noch heute nicht akzeptable oder stressige Abschnitte – sie hätten schon in den letzten 20 Jahren angegangen werden müssen!

Tipp: Da auch hier nur zwei Ebenen aktiv eingeschaltet sind, lässt sich durch Anklicken von Oberste Ebenen vergleichen anschaulich zeigen, welche alten Schwachstellen durch die anstehenden Maßnahmen hoffentlich bald behoben werden – und welche nicht.

Welche Radstrecken im Umkreis von Schulen mit mehr als 500 Schülern sind heute nicht akzeptabel oder stressig?

Tipp: Beim Darüberfahren mit der Maus über die Schulen wird der Name der Schule und die Anzahl der Schüler angezeigt.
Schaltet man diesen Schul-Layer aus, kann man wieder die beiden verbleibenden Layer

  • von der Stadt geplante Maßnahmen,

  • nicht akzeptable oder stressige Radwege im Umfeld von 500 m von Schulen

mit Oberste Ebenen vergleichen miteinander vergleichen.

Siehe auch: Schulwegsicherheit rund um weiterführende Schulen/

Schulwegsicherheit rund um Grundschulen

Es gibt in München Radwege neben Tempo 50 Straßen, die nicht akzeptabel oder stressig sind – also beispielsweise nicht für Eltern mit Kindern, oder für Kinder allein geeignet sind.

Auch in Tempo 30 Straßen oder eigenständigen Radwegen gibt es nicht akzeptable oder stressige Radinfrastruktur.

Hier ein Versuch, mehrere Informationen in einem Bild zusammenzufassen: die Farbe einer Radroute ist wie bisher gewohnt: schwarz für nicht akzeptabel, und rot für stressig. Die Höhe einer Route zeigt die Anzahl der Radunfälle, und die Breite die Radverkehrsstärke.

Natürlich geschehen bei mehr Radverkehr auch mehr Unfälle, aber diese Darstellung macht deutlich, wie dringend der Umbau beispielsweise der Sonnenstraße ist, und wie notwendig der Ausbau des Altstadtradlrings.

Flaschenhälse

Ein weiterer, von MunichWays vorgeschlagener Ansatz ist, heute schon bestehende Radrouten quer durch die Stadt daraufhin zu untersuchen, wo sie nicht durchgängig mindestens durchschnittlich (gelb) oder sogar komfortabel (grün) sind. Gibt es bei einer bestehenden Radroute wenige Stellen, die nicht akzeptabel oder stressig sind? Kann man mit wenig Aufwand erreichen, dass eine Radroute durchgängig durchschnittlich oder komfortabel ist? Die Erfahrung zeigt, dass ein oder wenige Flaschenhälse auf einer Strecke Menschen davon abhalten, das Rad zu nutzen.

Die folgende Auswahl beschränkt sich auf Radrouten, die nach der MunichWays Klassifikation Premium (~ IR III) oder Standard (~ IR IV) sind. Die mit Neon-Hintergrund hervorgehobenen Stücke sind die Flaschenhälse. Beim Darüberfahren mit der Maus über eine Strecke erhält man deren Namen.

Gefahrenstellen/Radunfälle

Trotz aller Novellen der Straßenverkehrsordnung ist in ihr, den Umsetzungsverordnungen und Normen noch immer die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Kfz-Verkehrs als höchste Priorität festgeschrieben. Das führt dazu, dass erst bei besonderer Gefahrenlage eine Maßnahme zur Erhöhung der Sicherheit der sogenannten schwächeren Verkehrsteilnehmer (Fuß- und Radverkehr) umgesetzt werden kann. Eine besondere Gefahrenlage liegt vor, wenn an dieser Stelle Menschen verletzt oder getötet wurden, oder das mit Sicherheit (!) zu erwarten ist. Beispiel: ein Zebrastreifen oder Radweg kann erst dann angelegt werden, wenn an dieser Stelle schwere Unfälle geschehen sind, und keine Alternativen möglich sind, die geringeren Einfluss auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Kfz-Verkehrs haben. Die Verkehrsplanung ist weitgehend reaktiv, und nicht vorausschauend sicherheitsorientiert.

Daher müssen auch wir, um Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit des Radverkehrs durchsetzen zu können, schwere oder tödliche Unfälle mit Radbeteiligung dokumentieren. In der Karte werden die Unfälle mit Radbeteiligung in den Jahren 2016 – 2022 in einer Heatmap dargestellt, und einzeln für die Jahre 2016 – 2022. Beim Linksklick auf einen Unfall erhält man die von der Polizei erfassten Detailinformationen, beim Klick auf das Zahnrad in der Layerliste eine genaue Auflistung beispielsweise der Unfallarten (UART).

Es gibt aber noch eine ganze Reihe anderer Indikatoren, die auf potenzielle Unfallorte hinweisen:

Die Meldeplattform Radverkehr der Stadt München (genauer: des Mobilitätsreferates). Hier deuten gehäufte Hinweise an einer Stelle der Kategorien Behinderungen, fehlerhafte oder fehlende Markierung oder Beschilderung, Oberflächen oder Radverkehrsnetz auf problematische Stellen im Radverkehrsnetz hin.

Die hier von Andreas Jakob gesammelten plötzlich endenden Radwege – also wo der Radverkehr unvermittelt auf die Fahrbahn geführt wird (todo: Fotos).

Oder die 8 gefährlichsten Orte in München für Radfahrer (aus der az vom 17.3. 2018, also schon vor 5 Jahren…)

Der SZ-Gefahrenatlas aus dem Jahr 2014 (!) ist unverändert aktuell. Man kann in der Ansicht Alle Layer beispielsweise die Layer SZ-Gefahrenatlas und die Meldeplattform oder die Unfallorte miteinander vergleichen. Man wird feststellen, dass die im SZ-Gefahrenatlas enthaltenen Orte immer noch Unfallschwerpunkte sind, und/oder in der Meldeplattform kritisiert werden. Oder man vergleicht die Unfallorte mit den geplanten Maßnahmen, und stellt fest, dass nur wenige Maßnahmen direkt Unfallschwerpunkte adressieren.

Planung und Umsetzung

Vor über 20 Jahren, im Jahr 2002, wurde für München die letzte verbindliche Radnetzplanung vom Stadtrat verabschiedet: der Verkehrsentwicklungsplan Rad (VEP-R). Federführend war damals der heutige Stadtrat Paul Bickelbacher. Der VEP-R enthält Hauptrouten, vergleichbar der Radwegkategorie IR III, und Nebenrouten, vergleichbar der Radwegkategorie IR IV. Zusätzlich gibt es Alternativrouten. Eine Übersicht über die Länge der Strecken ist hier zu finden, und die nach ERA 2010 geforderte Abdeckung hier.
An einer neuen Radnetzplanung wird unter Mitwirkung des Radentscheids München seit Verabschiedung des Radentscheids durch den Stadtrat im Dezember 2019 gearbeitet.

Auf dem Radlstadtplan von 2022 kann man sehen, was vom VEP-R bereits umgesetzt worden ist. Dabei wird unterschieden zwischen

  • beschilderten Routen
  • Radwegen
  • gegen Einbahn, und
  • Fahrradstraßen

wobei Fahrradstraßen in München nur unechte Fahrradstraßen sind, denn überall ist Kfz-Durchgangsverkehr zulässig. Eine Übersicht über die Länge aller dieser Strecken ist hier zu finden.

Auch in OpenStreetMap (OSM) sind Radwege in München erfasst und kartiert. Für unsere Zwecke sind interessant alle Rad- und sonstigen mit dem Fahrrad befahrbaren Wege, und davon Rad- und sonstige Wege nicht an Straßen (also beispielsweise in Grünanlagen oder im Wald), oder Radwege an Straßen.

Statistiken

Spätestens, wenn es um Kosten oder Flächengerechtigkeit geht, ist es gut, auf Basis von Zahlen und nicht mit emotionalen Vermutungen zu diskutieren. Im Folgenden finden sich eine Reihe von Angaben zu Längenangaben der Straßen und Fahrradwege in München, und der Abdeckung der Bevölkerung durch Radwege.

Todo: Anzahl Parkplätze in Relation zu Kfz-Haltern und Einwohnern

Todo: Unfallstatistiken

Radwege nach MunichWays

MunichWays, ein Gruppe innerhalb von Greencity, hat in jahrelanger Arbeit alle bestehenden Radwege in München erfasst und qualifiziert. Die Radfreundlichkeit jeder Strecke wird mit Farben gekennzeichnet:

  • Grün: Gemütlich und komfortabel, Radweg ist breit, sicher, eben
  • Gelb: Durchschnittlich, Radweg ist akzeptabel, verbesserungswürdig
  • Rot: Stressig, Radweg ist sehr schmal, nicht komfortabel
  • Schwarz: Sehr stressig, kein Radweg auf vielbefahrenen Straßen
  • Grau: Plan/Lücke im Netz, fehlende Brücke oder Unterführung

Dabei wurden auch sehr viele Strecken mit Mapillary aus der Fahrradperspektive erfasst. Mit einem Linksklick auf eine Strecke werden alle von MunichWays zur Strecke erfassten Informationen angezeigt. Beim Klick auf das Bild in diesen Informationen oben (strassenansicht_klick_mich) wird direkt die Mapillary-Ansicht dieses Straßenabschnitts gezeigt. Bei einem Rechtsklick auf eine Straße oder Strecke wird via Muenchen Transparent auf das Ratsinformationssystem der Stadt München zugegriffen. Man erhält eine Liste aller ‚amtlichen‘ Dokumente zu dieser Straße mit Bezug zum Fahrrad. Es wird für diese Straße nach dem Stichwort ‚Fahrrad‘ gesucht, auch in Kombination, wie beispielsweise in ‚Fahrradweg‘ oder ‚Fahrradabstellanlage‘. Bei einem Rechtsklick auf eine Straße oder Strecke wird via Muenchen Transparent auf das Ratsinformationssystem der Stadt München zugegriffen. Man erhält eine Liste aller ‚amtlichen‘ Dokumente zu dieser Straße mit Bezug zum Fahrrad. Es wird nach dem Stichwort ‚Fahrrad‘ gesucht, auch in Kombination, wie beispielsweise in ‚Fahrradweg‘ oder ‚Fahrradabstellanlage‘.

Das MunichWays Netz umfasst auch Strecken außerhalb der Stadt, in den angrenzenden Landkreisen. Bei Klick auf die Schaltfläche unten MunichWays wird die Karte mit den Strecken innerhalb der Stadtgrenze geöffnet. Weitere Varianten des MunichWays Netzes (Plan-Netz, Zielkonzeption, alle Strecken, einschließlich der Strecken im Landkreis) finden sich unter Alle MunichWays Layer. Hier kann man unter Karten und Werkzeuge oder Ebenen und Legenden (siehe Nutzungsanleitung) einen von den vielen MunichWays Layern auswählen.

Winterdienst

Vergleich der Strecken, auf denen vom Baureferat geräumt wird, und der tatsächlichen Nutzung im Winter

Das Baureferat räumt nur einen Teil der Radwege im Winter. Hier wird dargestellt, welche Radwege vom Baureferat geräumt werden, welche Radwege im Winter von den Radfahrenden bevorzugt genutzt werden, und wo wir vom Radentscheid München vorschlagen, dass geräumt werden soll.