Schulwegsicherheit rund um Grundschulen und Kitas

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Bildquelle: ADFC

Grundschulen

Kinder in Grundschulen werden oft von ihren Eltern mit dem Lastenfahrrad oder im Kinderanhänger zur Schule gebracht oder von dort abgeholt. Oder die Kinder gehen zu Fuß zur Schule, kommen mit dem Roller, oder, wenn sie den Fahrradführerschein haben, sogar mit dem Fahrrad.

Ziel der nachfolgenden Auswertungen ist, auf Basis nachvollziehbarer Kriterien kritische, d.h. unfallträchtige Stellen im Umkreis von Grundschulen zu finden, Verbesserungen vorzuschlagen und durchzusetzen.

Wie bewertet man die Gefahren auf dem Weg von und zur Grundschule? Wie auch im Artikel Gefahrenindex der weiterführenden Schulen beschrieben, verknüpfen wir im Folgenden den traditionellen, auf geschehene Unfälle fokussierten Ansatz mit einem Risikoansatz: je mehr sehr stressige und stressige Radverbindungen es im Umfeld einer Schule gibt, desto mehr Gefahren drohen den Schüler*innen und Eltern. Zur Berechnung nutzen wir die Datenbasis von MunichWays. MunichWays hat in jahrelanger Arbeit alle Radwege in München erfasst und nach ihrer Qualität und subjektiver Sicherheit bewertet.

Daher schauen wir uns die Gefahrensituation rund um die 143 Grundschulen in München an. Jede staatliche Grundschule in München hat einen Grundschulsprengel. Wohnt ein Kind in einem Grundschulsprengel, muss es im Regelfall die zugeordnete Grundschule besuchen. Davon ausgenommen sind die 24 privaten oder freien Schulen – für diese müsste ein Gefahrenindex analog zum Gefahrenindex der weiterführenden Schulen erstellt werden. Im Gegensatz zur Berechnung für den Gefahrenindex der weiterführenden Schulen schauen wir nicht in einem Umkreis von 500 m rund um die Schule, sondern im gesamten Schulsprengel.

Wir haben daher in jedem Grundschulsprengel gezählt:

  • wie viele Unfälle mit Fahrradbeteiligung hat es im Schulsprengel in den letzten Jahren gegeben? Wurden sogar Radfahrende getötet oder schwer verletzt?
  • wie viele Unfälle mit Fußgängerbeteiligung hat es im Schulsprengel in den letzten Jahren gegeben? Wurden Fußgänger getötet oder verletzt? Dieser Einbezug der Unfälle mit Fußgängerbeteiligung unterscheidet den Gefahrenindex der Grundschulen vom Gefahrenindex der weiterführenden Schulen.
  • Mit einbezogen wurden Schulwegunfälle. Als Schulwegunfall wird separat erfasst, wenn ein Schüler oder eine Schülerin auf dem direkten und unmittelbaren Weg von und zur Schule getötet oder so verletzt wird, dass sie ärztlich behandelt werden müssen. Die meisten Schulwegunfälle sind auch in den beiden oben genannten Kategorien erfasst und daher nicht doppelt gezählt.
  • welche Teile von Radwegen, die MunichWays als stressig oder sehr stressig kategorisiert hat, liegen in diesem Sprengel?

Daraus wird ein Gefahrenindex berechnet: mit etwa gleichem Gewicht die Zahl der gewichteten Fuß- und Radunfälle und die Länge der stressigen oder sehr stressigen Strecken nach MunichWays. Es stehen die Zahl der Radunfälle aus den Jahren 2016 – 2022 vom Statistischen Bundesamt zur Verfügung. Daraus geht aber nicht hervor, ob es sich um einen Schulwegunfall handelt. Wir haben allerdings vom Mobilitätsreferat eine Liste der Rad-Schulwegunfälle bekommen, die sich zum großen Teil mit den Daten des Statistischen Bundesamtes decken. Unfälle in der Nacht sind keine Schulwegunfälle. Daher werden nur die Unfälle zwischen 7:00 und 16:59 Uhr gezählt. Dabei werden tödliche Unfälle zehnfach und Unfälle mit schweren Verletzungen fünffach gewichtet, um ihre Bedeutung zu erhöhen. Schulwegunfälle werden dreifach gewichtet. Daraus ergibt sich die gewichtete Zahl der Unfälle.

Die Länge der stressigen oder sehr stressigen Strecken nach MunichWays wird jeweils durch 16 geteilt, die sehr stressigen Strecken doppelt gegenüber den stressigen Strecken gewichtet. Dadurch erhalten die Unfallzahlen und die Qualität der Radinfrastruktur ungefähr das gleiche Gewicht im Gefahrenindex.

Im folgenden Kartenlayer werden alle Grundschulsprengel in München gezeigt. Es werden alle Grundschulen betrachtet, da sie fast alle über 100 Schüler haben. Die 10 Schulsprengel der Schulen mit dem höchsten errechneten Gefahrenindex werden rot dargestellt: darin der Schulname, die Position, und der Gefahrenindex. Die anderen Schulsprengel sind gelb, darin nur die Position und der Gefahrenindex. Beim Darüberfahren mit der Maus über die gelben Schulsprengel werden diese hervorgehoben und der zugehörige Schulname angezeigt. Bei Bedarf kann man auch die Unfallorte mit einblenden (Layergruppe Radunfälle 2016 – 2022). In der Tabelle finden sich die Daten der 10 Grundschulen, die bei der Schulwegsicherheit am schlechtesten abschneiden. Die Tabelle enthält jeweils einen Link zu der einzelnen Schule mit dem zugehörigen Sprengel.

Eine andere Darstellung zeigt nur die Schulen, mit dem Gefahrenindex, vergleichbar der Darstellung beim Gefahrenindex der weiterführenden Schulen:

Die Tabelle aller Grundschulen in München, mit den für die Berechnung des Gefahrenindex notwendigen Daten, kann hier heruntergeladen werden (.csv .xlsx).

Welches sind die am meisten benutzten Schulwege?

Ein Baublock ist eine Fläche, die in der Regel von Straßen bzw. natürlichen oder baulichen Grenzen (Wasserläufe, Bahnlinien, usw.) von allen Seiten umschlossen wird (Deutscher Städtetag, 19791). 

Die Baublöcke und ihre jeweilige Einwohnerzahl in einem Schulsprengel sind bekannt. Entsprechend der Bevölkerungsstatistik Münchens sind etwa 3,5% der Einwohner Kinder im grundschulpflichtigen Alter. Die Fußwege von einem Baublock zur Grundschule lassen sich beispielsweise mit OpenRouteService berechnen. Legt man die Fußwege übereinander, und zählt, wie viele Kinder insgesamt sie benutzen, erhält man die am meisten benutzten Schulwege im Umfeld einer Grundschule.

Die beiden Karten zeigen die so berechneten am meisten benutzten Schulwege für alle staatlichen Grundschulen in München – einmal (zur Vergleichbarkeit der Schulen untereinander) mit der Anzahl der Schüler, und einmal nur grafisch: je dicker und mehr rot ein Schulweg ist, desto mehr ist er begangen.

Je weiter man in die Karte hineinzoomt, desto mehr Zahlen werden angezeigt. Es kann auch die entsprechende Grundschule im Sprengel angezeigt werden. Beim Darüberfahren mit der Maus über eine Grundschule wird der Name der Schule und die Anzahl der Schüler dargestellt. Durch Vergleich der Schulwegzahlen und der Anzahl der Schüler in der Grundschule sieht man, dass das oben beschriebene Verfahren durchaus passende Zahlen und damit Schulwege findet.

Da allein die Unfallorte schon genügend Hinweise auf kritische Stellen im Umfeld einer Grundschule geben, kann man die Karte der Schulwege mit der Karte der Unfallorte überlagern:

Schulwegunfälle auf Schulwegen

Mit den statistisch ermittelten Schulwegen lassen sich auch Unfälle und MunichWays nicht mehr nur auf den Schulsprengel, wie oben, beziehen, sondern nur auf die Schulwege. Es wurden nur die Schulwege gewählt, die von mindestens 20 Kindern täglich in einer Richtung gegangen werden. Dann ergibt sich eine anderer Gefahrenindex, obwohl die Grundschule an der Dachauerstraße noch immer unter den Spitzenreitern zu finden ist.

Was kann man mit diesen Informationen anfangen?

  1. Auch hier gilt, dass wir ein mögliches Verfahren zur Priorisierung von Maßnahmen zur Verbesserung der Schulwegsicherheit zeigen, das bei der Begründung der Maßnahmen gegenüber der Öffentlichkeit sehr hilfreich sein kann. Die Gewichtung der einzelnen Parameter kann geändert, oder weitere hinzugefügt werden.
  2. Das vorgestellte Verfahren zeigt Unfallstellen und kritische Bereiche in den Schulsprengeln. Im nächsten Schritt sollte man auf Basis des Kartenausschnitts rund um die Schule mit den Schülern, Eltern(-beiräten) und Lehrern/Schulleitung feststellen, woher die Mehrzahl der Schüler*innen kommen – d.h. welche Rad- oder Fußrouten sie nutzen. Die automatisch erzeugten Schulwege können dabei eine große Hilfe sein. Dabei sammelt man zusätzliche Informationen über kritische Stellen der Radinfrastruktur aus den Erfahrungen der Beteiligten, die man mit den überlagerten Unfallorten abgleichen kann.
  3. Zusätzlich wertet man die Bewertung der Strecken im Umkreis durch MunichWays (Layer: Basis Straßen und Wege München –> s/r MunichWays Gesamtnetz). Durch einen Linksklick auf eine von MunichWays bewertete Strecke erhält man umfangreiche Information über diese Strecke; auch kann man über einen Link direkt die Strecke aus Radperspektive mit Mapillary abfahren. Mit einem Rechtsklick auf diese Strecke erhält man Dokumente aus dem Ratsinformationssystem zu dieser Straße mit Bezug zum Radverkehr, also beispielsweise Anträge aus den Bezirksausschüssen.
  4. Dann prüft man, ob im Umkreis bereits Maßnahmen vom Mobilitätsreferat geplant sind.
  5. Dann überlegt man weitere Maßnahmen, um die Sicherheit der Radfahrenden und Zufußgehenden im Umfeld der Schule zu verbessern. Dabei kann der ADFC unterstützen. Diese Maßnahmen schlägt man beispielsweise in der Meldeplattform, dem Bezirksausschuss oder direkt dem Mobilitätsreferat vor.

Kindertagesstätten (Kitas)

In München gibt es aktuell 1.629 Kindertagesstätten (Kitas). Auch hier ist es interessant, wie gefahrenvoll der Weg zur Kita ist. Im Gegensatz zu den Grundschulen gibt es keine Sprengel – wir können daher nur die Gefahrensituation in einem Umkreis von 500 m untersuchen. Das Vorgehen ist vergleichbar dem Vorgehen bei den weiterführenden Schulen. Zusätzlich werden aber auch – wie oben bei den Grundschulen – die Unfälle mit Fußgängerbeteiligung im Umfeld der Kita mit erfasst. Der Kita-Gefahrenindex wird daher mit etwa gleichem Gewicht aus der Zahl der gewichteten Fuß- und Radunfälle und der Länge der stressigen oder sehr stressigen Strecken nach MunichWays im Umkreis von 500 m rund um jede Kita berechnet.

Im folgenden Kartenlayer werden alle Kitas mit ihrem Gefahrenindex gezeigt. Die 10 Kitas mit dem höchsten errechneten Gefahrenindex werden rot dargestellt: darin der Name der Kita, die Position (Nr. 1 mit dem höchsten Gefahrenindex), und der Gefahrenindex. Die anderen Kitas sind gelb dargestellt. Beim Darüberfahren mit der Maus erhält man für jede Kita die relevanten Informationen: Position, Gefahrenindex, Anzahl Unfälle und die Länge der stressigen und nicht sehr stressigen Strecken nach MunichWays. In tabellarischer Form sind die Daten der 10 Kitas, die bei der Wegsicherheit am schlechtesten abschneiden, hier dargestellt. In der Tabelle ist jeweils ein Link zu der einzelnen Kita mit dem jeweiligen Umkreis von 500 m.

Tempo 30 im Umfeld von Grundschulen und Kitas

Im Beitrag Tempo 30 im Umfeld von Schulen und Kitas wird gezeigt, im Umfeld welcher Grundschulen und Kitas noch nicht Tempo 30 angeordnet wurde. Wie dort gezeigt, ist diese Darstellung noch unvollständig.